In der vielseitigen Welt des Personalwesens stehen die Spezialist:innen stĂ€ndig vor der Herausforderung, wichtige Entscheidungen zu treffen – sowohl auf organisatorischer als auch auf menschlicher Ebene. Alles dreht sich hier um den Menschen, um das Individuum. Ob es darum geht, ein neues Teammitglied auszuwĂ€hlen, die Leistung eines Mitarbeitenden zu beurteilen oder Konflikte im Unternehmen zu lösen – fundierte Entscheidungen sind im Personalwesen unerlĂ€sslich.

Kognitive Biases

Unsere Denkprozesse sind jedoch nicht immer so objektiv, wie wir glauben: Kognitive Biases, auch kognitive Verzerrungen genannt, sind unbewusste mentale Mechanismen, die einen maßgeblichen Einfluss auf unsere Entscheidungen haben und somit im beruflichen Alltag eine entscheidende Rolle spielen.

In diesem Artikel werden wir das Konzept der kognitiven Biases und ihre Implikationen im Kontext des Personalmanagements nÀher beleuchten.

Inhalt

Kognitive Biases: Was ist das?

Kognitive Biases sind Verzerrungen in unserer Denkweise, die beeinflussen, wie wir Informationen wahrnehmen und verarbeiten. Sie sind im Alltag allgegenwĂ€rtig – sowohl bei unseren Mitmenschen als auch bei uns selbst. Doch woher kommen diese Verzerrungen?

Unser Gehirn: System 1 vs. System 2

Das menschliche Gehirn arbeiten in zwei Systemen: sie werden als System 1 und System 2 bezeichnet und können sich je nach Bedarf ergĂ€nzen und abwechseln. Kognitive Verzerrungen sind vor allem auf System 1 zurĂŒckzufĂŒhren, das auf Intuition, Assoziation und Schnelligkeit beruht. Im Gegensatz dazu basiert System 2 auf Analyse, Reflexion und KomplexitĂ€t. Das zweite System verbraucht deutlich mehr Energie und wird aus EffizienzgrĂŒnden manchmal unterdrĂŒckt. Um den Fallstricken kognitiver Biases zu entgehen, ist es wichtig zu erkennen, in welchen Situationen System 1 besonders hĂ€ufig zu FehleinschĂ€tzungen fĂŒhrt – dies gilt auch fĂŒr den Bereich des Personalmanagements.

Der Konjunktur-Bias

Um kognitive Biases in Action zu erleben, betrachten wir ein klassisches Beispiel: den Konjunktur-Bias. In einem Experiment von Kahneman und Tversky wurden die Teilnehmer:innen gebeten, die Wahrscheinlichkeit zu schĂ€tzen, dass Linda – eine Philosophin, Single und sozial engagiert – eine Bankangestellte und gleichzeitig feministische Aktivistin ist und nicht einfach eine Bankangestellte.

Die meisten Befragten machten den Fehler, die erste Möglichkeit fĂŒr wahrscheinlicher zu halten – obwohl dies mathematisch falsch ist. Diese konjunkturelle Verzerrung ist das Ergebnis der menschlichen Neigung, Informationen zu bevorzugen, die „logisch“ oder „konsistent“ mit Lindas Beschreibung erscheinen, anstatt einen analytischen Ansatz zu verfolgen.

Ein weiterer bekannter Bias ist Ageismus. Mehr dazu in diesem Artikel!

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Die vier Dimensionen kognitiver Biases

Kognitive Biases lassen sich in vier Dimensionen einteilen – jede davon spielt eine entscheidende Rolle in unseren Entscheidungsprozessen im beruflichen Umfeld.

  1. Information: TĂ€glich werden wir mit einer Flut von Informationen konfrontiert, die unser Gehirn verarbeiten muss, insbesondere in Zeiten von Social Media. Im Personalwesen ist die sorgfĂ€ltige Auswahl relevanter Informationen entscheidend, um fundierte Entscheidungen treffen zu können, insbesondere wenn eine große Anzahl von LebenslĂ€ufen fĂŒr bestimmte Positionen eingeht.
  2. Bedeutung: In der Arbeitswelt sind wir oft gezwungen, die Bedeutung von Handlungen, Worten und Ergebnissen zu interpretieren. Kognitive Verzerrungen können dazu fĂŒhren, dass wir Signale falsch verstehen und zu falschen Urteilen gelangen.
  3. Aktion: Aufgrund von Zeitdruck sind schnelle Entscheidungen im GeschĂ€ftsleben ĂŒblich. ÜberstĂŒrzte Entscheidungen können aber auch zu kognitiven Verzerrungen fĂŒhren. Ein Schritt zurĂŒck, um die Situation grĂŒndlich zu analysieren, kann kostspielige Fehler vermeiden.
  4. Speicher: Unser GedĂ€chtnis hat Grenzen – wir können uns nicht an alles erinnern. Kognitive Biases können beeinflussen, an welche Ereignisse wir uns erinnern, was zu einer verzerrten Sicht auf vergangene Ereignisse fĂŒhren kann.

Die Entscheidungsfindung im Personalmanagement ist eine komplexe Aufgabe, die klares und objektives Denken erfordert. Das VerstĂ€ndnis kognitiver Biases und ihrer Wirkungsweise ist entscheidend, um kostspielige Fehler zu vermeiden und fundierte Entscheidungen zu treffen. Das Bewusstsein, dass solche Verzerrungen existieren, dass sie ĂŒberall lauern können und dass sie langfristige Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben, ist unerlĂ€sslich. Ein Beispiel: Jede kĂŒnstliche Intelligenz und ihre Ergebnisse hĂ€ngen von den Daten ab, mit denen sie trainiert wurde. Das bedeutet? Eine verzerrte Datenauswahl fĂŒhrt dazu, dass die gesamte KI verzerrt ist. Personalmanager:innen sollten Strategien implementieren, um die Auswirkungen der Biases auf Rekrutierungs-, Beurteilungs- und Talentmanagementprozesse zu minimieren und damit zu faireren Entscheidungen, unvoreingenommener FĂŒhrung und einem gerechteren Personalwesen beizutragen.

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Die Top 10 kognitiven Biases am Arbeitsplatz 

Die Rolle von Personalfachleuten besteht hĂ€ufig darin, andere zu „entschlĂŒsseln“ – zu verstehen, was sie denken, was sie wollen und wie sie sich verhalten. Dabei ist es unerlĂ€sslich:  

  • Sich der eigenen kognitiven Biases bewusst zu sein und  
  • die Biases anderer erkennen und analysieren zu können.  

Um Sie in diesem Prozess zu unterstĂŒtzen, werfen wir abschließend einen Blick auf die zehn hĂ€ufigsten kognitiven Biases, denen Sie in der Welt des Personalmanagements begegnen können. 

  1. VerfĂŒgbarkeitsheuristik: Unsere Urteile basieren auf Informationen, die uns unmittelbar aus dem GedĂ€chtnis zur VerfĂŒgung stehen. War ein Bewerber beispielsweise kĂŒrzlich Gegenstand von Diskussionen im Unternehmen, kann dies unsere Wahrnehmung seiner Relevanz fĂŒr die gewĂŒnschte Position beeinflussen.
  2. Der Ankereffekt: Erste EindrĂŒcke prĂ€gen unser Urteil. Es ist wichtig, dass die ersten EindrĂŒcke nicht unsere sorgfĂ€ltige Beurteilung von Kandidat:innen oder bestehenden Mitarbeiter:innen trĂŒben.
  3. Bias des toten Winkels: Viele Menschen finden es schwierig, ihre eigenen Biases zu erkennen – es ist wichtig, wachsam zu bleiben, um sie zu erkennen und zu korrigieren.
  4. Empathy Bias: Wir zeigen je nach Person und Kontext ein unterschiedliches Maß an Empathie. Es ist jedoch wichtig, in unseren Interaktionen mit Kollegen:innen einen fairen und vor allem konsistenten Ansatz anzuwenden.
  5. Funktionale Fixierung: Wir neigen dazu, uns auf die ĂŒbliche Funktion von Dingen oder Personen zu konzentrieren. Es ist wichtig, die Vielseitigkeit und das Potenzial von Mitarbeiter:innen ĂŒber ihre aktuelle Rolle hinaus anzuerkennen.
  6. Illusion von Transparenz: Wir glauben, andere besser zu verstehen als sie sich selbst. Es ist wichtig, Demut zu zeigen und zu versuchen, die wahren Motive und BedĂŒrfnisse der Menschen zu verstehen, ohne voreilige SchlĂŒsse zu ziehen.
  7. RĂŒckschaufehler: Hier konzentriert man sich nur auf das langfristige Ergebnis einer Entscheidung und nicht auf die kurzfristigen QualitĂ€ten dieser Entscheidung. Dabei ist es sehr wichtig, nicht das kurzfristige Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen fĂŒr langfristige Gewinne zu opfern.
  8. Halo-Effekt: Eine Person wird aufgrund einer einzigen Eigenschaft als Ganzes beurteilt. Es ist wichtig, Mitarbeiter:innen ganzheitlicher und ausgewogener zu beurteilen.
  9. Die Annahme einer gerechten Welt: Wir glauben, dass wir immer das bekommen, was wir verdienen. In der RealitÀt sind Leben und Karriere jedoch oft komplexer.
  10. Anekdotischer Fehlschluss: Hier wird ein Einzelfall mit einer universellen Wahrheit verwechselt. In der Welt des Personalwesens ist es wichtig, sich auf solide und konkrete Daten und Beweise zu stĂŒtzen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. 

Das Erkennen von und der Umgang mit kognitiven Biases ist fĂŒr HR-Fachleute unerlĂ€sslich. Wenn Sie diese Mechanismen verstehen, sind Sie bestens vorbereitet, um fundierte Entscheidungen zu treffen, Bewerber:innen objektiv zu beurteilen und ein faires Arbeitsumfeld zu fördern. Wenn Sie dieses Wissen mit Ihrer Expertise im Personalmanagement kombinieren, können Sie zu faireren Entscheidungsprozessen und stĂ€rkeren Arbeitsbeziehungen in Ihrer Organisation beitragen. 

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