Der empathische Führungsstil: Besser führen mit Gefühl

Der empathische Führungsstil: Besser führen mit Gefühl

Unternehmen und Mitarbeitende sehen sich Krisen gegenüber, die sie sich nie hätten vorstellen können. Die Unsicherheit wächst, in fast allen Lebensbereichen steigt die psychische Belastung. Hinzu kommt die neue hybride Arbeitsweise, die Grenzen zwischen Privatleben und Arbeit verschwimmen lässt und den persönlichen Austausch erschwert. Führungskräfte müssen ihren Führungsstil neu ausrichten und auf die veränderte Situation einstellen, um die Leistungsfähigkeit und Motivation ihrer Mitarbeitenden zu erhalten und ihnen zu helfen, die Herausforderungen zu managen. Jetzt wird Empathie zur wichtigsten Führungskompetenz und der empathische Führungsstil zu einem wichtigen Hilfsmittel.

Der empathische Führungsstil bedeutet mehr als Mitgefühl

Empathie wird häufig unterschätzt, insbesondere, weil wir es einfach mit dem deutschen Wort „Mitgefühl“ übersetzen. Empathie ist rein psychologisch gesehen jedoch weit mehr und differenzierter zu betrachten. Ganz allgemein ist es die Fähigkeit, sich in andere Menschen und ihre Lebenssituation hineinzuversetzen und einfühlen zu können, ihre Motive zu erkennen und zu verstehen. Empathie ist demnach ein zwischenmenschlicher Prozess und hilft dabei zu erkennen, dass Menschen Hilfe brauchen und darauf angemessen zu reagieren.

Kognitive Empathie

Versetze ich mich rein gedanklich in die Situation und Gefühlswelt eines Menschen ohne eigene Emotionen zu entwickeln, also persönlich berührt zu sein, spricht man gewöhnlich von kognitiver Empathie.

Emotionale oder affektive Empathie

Fühle ich mit jemandem und spiegele dessen Emotionen unreflektiert, geht es um emotionale oder affektive Empathie.

Soziale Empathie oder „behavioral Empathy“

Seine oder ihre Gefühle erscheinen wie meine Gefühle, ganz unabhängig von der Situation, in der ich mich selbst befinde. Die dritte Art oder Dimension der Empathie ist die soziale Empathie oder auch „behavioral Empathy“ genannt. Hier geht es darum, auf Mitgefühl Taten folgen zu lassen. Also sich nicht nur in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, weil man seine oder ihre Lage kennt und nachvollziehen kann, sondern sein Mitgefühl auch zu zeigen, zum Beispiel durch aktives Zuhören, wertschätzende und fürsorgliche Worte oder eine zugewandte Körpersprache. Diese Form der Empathie ist für Führungskräfte besonders wichtig.

Die Gefahren eines empathischen Führungsstils

Die Gefahr in Empathie liegt in falschen Erwartungen, die durch die simple Deutung des Begriffs als Mitgefühl geweckt werden. Empathisch zu reagieren, insbesondere als Führungskraft, bedeutet nicht, schlechtes Benehmen hinzunehmen, sich emotional unter Druck setzen zu lassen oder die Probleme anderer für sie zu lösen. Übertragen auf Führung bedeutet es vielmehr, sich Mitarbeitenden gegenüber wertschätzend zu verhalten, ihre Sorgen und Nöte zu erkennen und anzuerkennen. Das zahlt sich aus.

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Warum der empathische Führungsstil jetzt besonders wichtig ist

Für ein funktionierendes Miteinander, im privaten, besonders aber im beruflichen Leben, ist Empathie immer wichtig. Ein wertschätzender, höflicher und respektvoller Umgang miteinander sorgt nun einmal für ein besseres Klima und für weniger Konflikte. In der globalisierten Arbeitswelt, wo Teams auf verschiedenen Kontinenten miteinander arbeiten, aus verschiedenen Kulturen kommen und sich nur selten persönlich sehen, gilt das einmal mehr. Sich auf die Kollegen und Mitarbeitenden einzustellen, um sie so gut wie möglich zu unterstützen ihr Bestes geben zu können, ist für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend.

Führungskräfte in Zeiten der Angst

Jetzt kommt hinzu, dass wir uns in einem Konglomerat von Krisensituationen befinden, die selbst Mitarbeitenden zu schaffen machen, die sonst, wie man so schön sagt, durch nichts zu erschüttern sind und vielmehr als resilient und leistungsfähig gelten. Neben die seit über zwei Jahren herrschende außergewöhnliche Belastung durch die Pandemie und deren wirtschaftliche Folgen wie steigende Energiepreise und Inflation ist jetzt auch noch eine Bedrohung der eigenen Sicherheit sehr konkret geworden. Genau genommen alles Situationen, die für die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter vollkommen unvorstellbar schienen. Während die Älteren noch den Kalten Krieg und autofreie Sonntage in der Ölkrise erlebt haben und sich an gewisse Einschränkungen wenigstens erinnern können, ist das für jüngere Mitarbeitende, die nach 1989 geboren sind, gänzlich neu. Die Folgen sind drastisch.

Das Stresslevel der Mitarbeitenden steigt

Schon die Pandemie hat mit der Sorge um den Arbeitsplatz, arbeiten im Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung und dem Gefühl der Bedrohung durch das Virus zu vermehrtem Stress und bei vielen Menschen zu einer erhöhten Arbeitsbelastung geführt.

Ein sich änderndes Arbeitsklima

Das Klima am Arbeitsplatz, ob vor Ort oder im Homeoffice wird schlechter. Ist die Arbeitsbelastung über einen längeren Zeitraum sehr hoch und gibt es keine spürbare Entlastung, wird auch der Ton rauer und der Umgang miteinander schwieriger. Konflikte werden womöglich nicht gelöst oder per E-Mail ausgetragen, was den konstruktiven Umgang miteinander erschwert. Statt kollegial zusammen zu arbeiten werden die Mitarbeitenden zu Einzelkämpfern oder es bilden sich Gruppen, die sich gegeneinander ausspielen.

Die mentale Gesundheit leidet

Angst und emotionale Erschöpfung sind die Folgen von Dauerbelastung und Stress und wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus. Die Anzahl an Fehltagen aufgrund psychischer Belastungen steigt, was deutsche Krankenkassen seit Jahren beobachten und in ihren Statistiken festhalten.

Die physische Leistungsfähigkeit nimmt ab

Stress wirkt nicht nur auf die Psyche, sondern auch auf den Körper. Häufige Folgen sind weniger und schlechter Schlaf, das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems steigt. Die allgemeine Belastbarkeit nimmt ab. Statt souverän und schnell die gewohnten Aufgaben zu erledigen, fühlten sich viele Mitarbeitende belastet und in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. So meldeten in einer internationalen Studie 28 Prozent der Befragten Konzentrationsprobleme, 20 Prozent gaben an, länger für eine Aufgabe zu brauchen und 15 Prozent hatten Schwierigkeiten, logisch zu denken oder zu entscheiden.

Was einen empathischen Führungsstil ausmacht

Was einen empathischen Führungsstil ausmacht

Stress wirkt nicht nur auf die Psyche, sondern auch auf den Körper. Häufige Folgen sind weniger und schlechter Schlaf, das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems steigt. Die allgemeine Belastbarkeit nimmt ab. Statt souverän und schnell die gewohnten Aufgaben zu erledigen, fühlten sich viele Mitarbeitende belastet und in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. So meldeten in einer internationalen Studie 28 Prozent der Befragten Konzentrationsprobleme, 20 Prozent gaben an, länger für eine Aufgabe zu brauchen und 15 Prozent hatten Schwierigkeiten, logisch zu denken oder zu entscheiden.

Ein empathischer Führungsstil beginnt bei uns selbst

Dazu gehören Achtsamkeit den eigenen Bedürfnissen gegenüber und Selbstwahrnehmung bzw. emotionale Selbstregulation, die uns hilft, überlegter zu handeln und bewusstere Entscheidungen zu treffen. Wer sich bewusst macht, wie man sich selbst in einer bestimmten Situation fühlt oder auf Herausforderungen reagiert, kann sich auch leichter in andere hineinversetzen und besser auf sie konzentrieren, ohne selbst ihre Gefühle zu „übernehmen“.

Ein wertschätzendes und respektvolles Miteinander beginnt mit respektvoller Kommunikation. Ein kurzes und freundliches „Hallo” am Morgen und eine ebensolche Verabschiedung zum Feierabend können das Klima bereits erheblich verbessern. Denken Sie dabei auch an die Mitarbeitenden im Homeoffice.

Das 1×1 einer empathischen Führungskraft

Aktives Zuhören hilft dabei, sich auf seine Gesprächspartner zu konzentrieren und zu erkennen, worum es ihnen gerade wirklich geht oder wie es ihnen geht.

Feedback sollte immer schnell erfolgen und vor allem konstruktiv und keinesfalls abwertend oder verletzend sein. Erkennen Sie Leistungen an, selbst wenn sie noch besser hätten sein können und fragen Sie, welche Unterstützung gebraucht wird, um das Ziel zu erreichen. Berücksichtigen Sie in Konflikten die Perspektive eines Gesprächspartners oder Teammitglieds und lösen Sie Probleme im Kollektiv. Zu respektvoller Kommunikation gehört auch, Entscheidungen transparent zu machen und denjenigen zuerst mitzuteilen, die sie betreffen.

Ein empathischer Führungsstil zeichnet sich demnach durch Soft Skills wie Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit und reflektiertem Konfliktmanagement aus. Empathisch zu führen, bedeutet ausdrücklich nicht, sich Konflikten zu entziehen oder diese nur zu vermeiden. Vielmehr stärkt es die Verbundenheit und das Vertrauen der Mitarbeitenden in das Unternehmen, wenn sie erleben, dass man auch in Konfliktsituationen gut und respektvoll miteinander umgeht.

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Wie sich ein empathischer Führungsstil von anderen unterscheidet

Der empathische Führungsstil ist nicht der einzig mögliche Führungsstil. Vielmehr sollte eine gut ausgebildete Führungskraft mit verschiedenen Führungsstilen jonglieren können, um situations- und bedarfsgerecht auf die Mitarbeitenden einzugehen und die Ziele zu erreichen. Von den möglichen Führungsstilen zählen wir im Folgenden die am meisten verbreiteten auf:

Der autoritäre Führungsstil

Bei einem autoritären Führungsstil geht es in erster Linie darum, Unsicherheiten und Zweifel zu beseitigen, indem allein die Führungskraft die Richtung vorgibt und Entscheidungen trifft. Dieser Führungsstil ähnelt dem patriarchalischen Führungsstil. Bindung und Motivation entstehen, weil die Führungskraft mit der klaren Zielvorgabe auch die Verantwortung für den Erfolg übernimmt. Häufig wird dieser Führungsstil zur Bewältigung von spontan auftretenden Krisen genutzt. Auf lange Sicht besteht die Gefahr, dass die Mitarbeitenden durch die autoritäre Vorgehensweise die Motivation verlieren. Der wesentliche Unterschied zum empathischen Führungsstil ist, dass beim autoritären Führungsstil die Perspektive der Mitarbeitenden keine Rolle spielt.

Der demokratische Führungsstil

Ein demokratischer Führungsstil zeichnet sich durch eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit von Führungskräften und Teams aus. Auch die Verantwortung wird geteilt. Häufig kommt dieser Führungsstil in Situationen zum Einsatz, die für alle neu sind. Anders als beim empathischen Führungsstil geht es nicht darum, aus einem Verbundenheitsgefühl heraus zu führen.

Der aufdringliche Führungsstil

Es gibt Führungskräfte, die ihr Team praktisch nie allein lassen. In der Umgangssprache gelten solche Personen als aufdringlich, der Führungsstil wird deshalb als aufdringlicher Führungsstil bezeichnet. Die Führungskraft ist ständig präsent, redet überall mit und übt dadurch starken Druck aus. Das kann helfen, kurzfristig hoch angesetzte Ziele zu erreichen, ist aber wenig mitfühlend und unterscheidet sich unter anderem dadurch deutlich von empathischer Führung.
Wer das Gefühl hat, mit seinem Team unmittelbar einen großen Anteil an der Zielerreichung der Organisation teilzuhaben, ist besonders motiviert.

Der motivierende Führungsstil

Der motivierende Führungsstil verbindet die Ziele des Einzelnen und des Teams unmittelbar mit den Zielen der Organisation. Das kann die langfristige Verbundenheit fördern. Während beim empathischen Führungsstil die Ziele von der Organisation auf den einzelnen Mitarbeitenden heruntergebrochen werden, ist es bei motivierendem Führungsstil umgekehrt.

Der visionäre Führungsstil

Insbesondere junge Unternehmen und Start-ups zeichnen sich dadurch aus, dass die Gründer eine Vision verfolgen, die Mitarbeitende mitnimmt und sie dazu bringt, besondere Leistungen zu erbringen. Dieser visionäre Führungsstil kennt mit Elon Musk oder Steve Jobs besonders prominente Vertreter. Zwar zeichnet auch diesen Führungsstil Einfühlungsvermögen aus, jedoch steht die Vision eindeutig im Vordergrund und es geht nicht, wie beim empathischen Führungsstil, um den Aufbau von Beziehungen, um ein Ziel zu erreichen.

Der sanfte Führungsstil

Bei einem sanften Führungsstil steht im Vordergrund, Menschen und ihre spezifischen Talente zu fördern. Das ist ein Unterschied zum empathischen Führungsstil, bei dem der Teamgeist im Vordergrund steht.

Der feministische Führungsstil

Rasche Veränderungen und schnelllebige Ökosysteme profitieren von einem feministischen Führungsstil, der sich dadurch auszeichnet, schnell Talente zu erkennen, zu fördern und zu stärken, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Dieser Führungsstil ähnelt in vielen Bereichen dem empathischen Führungsstil, hat aber weniger den Teamgeist im Fokus.

Mit empathischer Führung mehr erreichen

Mit empathischer Führung mehr erreichen

Empathie hilft laut Studien in allen für den Führungserfolg wichtigen Bereichen, von Innovation über Engagement und Bindung der Mitarbeitenden bis zur Work-Life-Balance. 2021 zeigte etwa die Studie Work Reworked dass 65 Prozent der befragten Angestellten mit einer empathischen Führungskraft nicht nur zufriedener sind. Mehr als die Hälfte fühlten sich zudem zu proaktiven Lösungsvorschlägen motiviert oder trauten sich, Verbesserungsvorschläge für den Arbeitsprozess zu machen.

Empathie und der Einfluss auf Entscheidungen

Wir wissen mittlerweile, wie wichtig ein gutes Klima im Unternehmen und auch in den Beziehungen nach Außen ist, zu den Kunden. Wer innerhalb des Unternehmens unhöflich und grob miteinander umgeht, wird dies auch außerhalb, den Kunden gegenüber tun. Zu hohen Kosten für das Unternehmen, wie Christine Pearson und Christine Porath bereits 2009 in ihrem Buch „The Cost of bad beavior“ nachweisen konnten. Das kann sich kein Unternehmen leisten, das seinen wirtschaftlichen Erfolg nicht gefährden will.

Andersherum gilt: Fließt Empathie in Entscheidungen ein, steigert das nicht nur die Kooperationsbereitschaft, sondern hilft, Ziele zu erreichen und Mitarbeitende an sich zu binden. So konnte in einer aktuellen Studie nachgewiesen werden, dass soziale Empathie, auch bezeichnet als „Compassion“, im Zusammenwirken mit Transparenz und Entscheidungskraft die Zufriedenheit im Job um 86 Prozent verbessern kann, das Engagement für den Job um 53 Prozent steigt und es maßgeblich weniger Burnouts gibt.

Freie Journalistin Gudrun Porath

Gudrun Porath

Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet und kommentiert unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift „wirtschaft + weiterbildung“ die Trends auf dem E-Learning-Markt.