Warum Präsenzkultur in Zeiten der Remote Arbeit nicht mehr funktioniert
Viele Menschen fühlen sich bei der Arbeit im gewohnten Büroumfeld wohl und es gibt Situationen, in denen persönlicher Face-to-Face Kontakt von Vorteil ist (zum Beispiel wichtige berufliche Gespräche, oder ein Karriere-Coaching). Eine erzwungene Stechuhr-Mentalität oder Präsenzkultur dagegen schadet Ihrer Organisation oft mehr als sie ihr nützt.
Warum? Viele Belegschaften und Mitarbeitende in Unternehmen haben längst herausgefunden, wie sie ihre Aufgaben erfolgreich vom Homeoffice aus umsetzen können. Die globale Pandemie hat die Redensart „wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ auf die Probe gestellt und uns gezeigt, dass die Menschen nicht nur bereit sind, aus der Ferne zu arbeiten, sondern viele im Homeoffice sogar produktiver sind.
In diesem Artikel erfahren Sie, warum Sie eine Präsenzkultur oder Stechuhr-Mentalität im Unternehmen vermeiden sollten.
Präsenz bedeutet nicht immer Produktivität
Wenn eine Organisation mit einer Präsenzkultur arbeitet, sagt das Unterbewusstsein den Mitarbeitern: „Es kommt nicht darauf an, was man erreicht, sondern wie lange man vor dem Computer sitzt.“
Dabei sollte Präsenz am Arbeitsplatz nicht unbedingt mit Produktivität bei der Arbeit gleichgesetzt werden. Die Realität zeigt: Damit Ihre Mitarbeitenden produktiv und kreativ sind, müssen sie ausgeglichen und zufrieden sein. Für viele Menschen, besonders nachdem sie 2020 und 2021 auf den Geschmack gekommen sind, bedeutet Zufriedenheit unter anderem, flexibler zu arbeiten und ihrem eigenen Zeitplan zu folgen.
Während viele Menschen – und Unternehmen – glauben, dass durch Remote-Arbeit und Homeoffice und die dadurch gewonnene Flexibilität die Zeiten des typischen 9-to-5-Arbeitstag vorbei sind, gibt es auch Unternehmen, die bereits eine Rückkehr zum physischen Büro planen.
Google zum Beispiel hat in diesem Frühjahr seinen Mitarbeitern mitgeteilt, dass es seine Pläne zur Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro noch vor dem ursprünglichen Termin am 1. September umsetzten will.
Auch wenn allgemein die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität besteht, so wissen sowohl Mitarbeitende als auch Unternehmen, dass die Arbeit aus der Ferne tatsächlich funktioniert und dass es daher in Sachen Homeoffice wohl keinen tatsächlichen Weg zurück in die Zeit vor der Pandemie gibt.
Sie sind nicht überzeugt? Hier sind fünf Gründe, warum Präsenzpflicht keine Garantie für Produktivität bei der Arbeit ist.
1. Feste Arbeitszeiten stören die Work-Life-Balance
Die Pandemie hat die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten (und lernen!), unwiderruflich verändert. All diese Dinge finden immer öfter gleichzeitig statt. Mitarbeitende mit Kindern, Haustieren, alternden oder (wie zuletzt öfters) erkrankten Angehörigen sind verpflichtet, sich um diese zu kümmern – sie zu füttern, zu unterhalten oder sogar zu erziehen, falls Kinder zu Hause unterrichtet werden müssen.
Bedürfnisse und Pflichten der Angehörigen entstehen immer häufiger während der traditionellen Arbeitszeiten. Und obwohl Kindertagesstätten, Schulen und Pflegeheime mit Voranschreiten der Impfungen vielleicht schon bald wieder öffnen können, wird die Rückkehr zum Gewohnten nicht über Nacht geschehen. Mitarbeitende sind dadurch weiterhin auf eine flexiblere Zeit Gestaltung angewiesen.
Außerdem haben sich viele Menschen – weltweit – durch die Homeoffice Möglichkeiten inzwischen daran gewöhnt, Freizeit und Arbeitszeit flexibler zu gestalten. Sie genießen es während des Arbeitstages Sport zu treiben, spazieren zu gehen und Zeit mit ihren Familien nicht mehr nur beim Abendessen, sondern auch beim Frühstück und Mittagessen zu verbringen.
Wenn Menschen das Gefühl haben, dass Arbeit und Leben in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen, führt dies zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und damit zu einer größeren Mitarbeiterbindung.
2. Vertrauen in Zeiten von Remote-Arbeit und Homeoffice
Wenn Sie von Ihren Mitarbeitern verlangen, dass sie ins Büro kommen – vor allem, wenn einige von ihnen aus Gründen der Kinderbetreuung, der Gesundheit oder aus anderen persönlichen Gründen lieber aus der Ferne arbeiten möchten – kann das zu Unmut führen.
Ihre Mitarbeiter sind erwachsen und eigenverantwortlich. Sofern nicht gerade eine kritische Besprechung ansteht, die in Präsenz von Face-to-Face stattfinden muss und Ihnen keiner bisher Anlass gegeben hat Ihr Vertrauen in Frage zu stellen, gibt es keinen Grund, zu überwachen, wo sich Ihre Mitarbeitenden wann aufhalten.
Die meisten Mitarbeiter sind heute dank der Pandemie und des Heimarbeitsplatzes für ein erfolgreiches Arbeiten von zu Hause gerüstet. Die Chancen stehen außerdem gut, dass Sie ein Unternehmen sind, das sich bis zu einem gewissen Grad bereits der digitalen Transformation verschrieben hat. Daher können Sie die Entscheidung an einem bestimmten Tag ins Büro zu kommen (oder nicht!) ruhigen Gewissens Ihren Mitarbeitenden selbst überlassen.
Vertrauen Sie auf das Urteilsvermögen der Mitarbeitenden, bis sie Ihnen einen Grund geben, es nicht mehr zu tun. In diesem Fall ist es dann sicherlich akzeptabel und nachvollziehbar, Personen zu bitten, ab und zu persönlich im Büro vorbeizukommen.
Einem Mitarbeitenden die Autonomie zu geben, seinen eigenen Zeitplan zu verwalten, ist befreiend und führt zu einer besseren, inspirierten Leistung und Arbeitszufriedenheit. Niemand hat gerne das Gefühl, „gemikromanaged“ zu werden!
3. Das Konzept „Stechuhr“ funktioniert nicht mehr
Wenn man diesen Gedanken noch ein wenig weiterdenkt, erkennt man, dass unglückliche, unzufriedene Menschen nicht ihre beste Arbeit leisten. Glückliche Menschen, die sowohl Autonomie als auch Unterstützung erfahren, erzielen bessere Ergebnisse.
Sollten Sie, wenn auch nur unbewusst, die Botschaft vermitteln, dass Ihnen die Zeit wichtiger ist als das Ergebnis (das heißt, wenn Sie die geleisteten Arbeitsstunden hinterfragen oder sogar kommentieren, wie oft Sie eine Person buchstäblich im Büro „gesehen“ haben), riskieren Sie Frust und Desinspiration auf Seiten Ihrer Kollegen und Mitarbeitenden. Das kann dazu führen, dass diese eher physisch, aber nicht geistig zur Arbeit erscheinen, um eine willkürliche, veraltete Vorstellung vom 9-5-Arbeitstag zu erfüllen.
Präsenzkultur und das Konzept der „Stechuhr“ klingen nicht nur unattraktiv für die moderne Belegschaft, sondern bieten auch keinen Anreiz für Ihre Mitarbeiter, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Stattdessen machen sie sich Sorgen über die Stundenzahl, die ihre Vorgesetzten sehen und beurteilen.
4. Im Zeitalter der Fernarbeit ist Balance der Schlüssel
HR- und L&D-Manager befürchten, dass das Gefühl des „Immer erreichbar sein“ in einer Welt nach der Pandemie ein neues Allzeithoch erreicht. Nach mehr als einem Jahr, in dem wir arbeiten, Sport treiben, zur Schule gehen und unser ganzes Leben zu Hause verbringen, haben wir uns daran gewöhnt, dass Arbeits- und Freizeit miteinander verschmelzen.
Viele Eltern versenden Arbeits-E-Mails, nachdem die Kinder zu Bett gegangen sind, und ab und zu wird die Arbeit auch mal an den Wochenenden nachgeholt, wenn die Kinder nicht zu Hause unterrichtet werden müssen.
Einige Ihrer Mitarbeitenden haben vielleicht festgestellt, dass ein bisschen mehr Flexibilität als der traditionelle 9-to-5-Tag für sie besser funktioniert. In einer Welt, in der sich die Büros bald wieder bis zu einem gewissen Grad wieder öffnen, setzt die Erwartung, dass Mitarbeiter wieder jederzeit physisch an ihrem Arbeitsplatz erscheinen müssen diese Menschen unangemessen unter Druck.
Manche Menschen mögen die Trennung von zu Hause genießen und finden, dass sie im Büro wirklich produktiv sind – weit weg von Hausarbeit, Familie und alltäglichen Versuchungen wie Fernsehen oder Gartenarbeit. Aber ich denke die Mehrheit von uns erkennt, dass die Möglichkeit der Wahl das Entscheidende ist. An manchen Tagen hilft uns ein Tapetenwechsel (von zu Hause ins Büro) uns zu inspirieren; an anderen Tagen arbeiten wir vielleicht besser, wenn wir unsere Mittagspause damit verbr